Ein seltsamer Text. Gewissermaßen
in zwei gegensätzlichen Teilen. Als erstes spricht das Volk lsrael. Alle haben
gute Vorsätze, sie erwarten Gottes Hilfe und wollen sich um Gotteserkenntnis
bemühen. Was ist da falsch, zum Herrn zurück zu kehren? Darauf hin redet Gott,
er scheint zunächst unschlüssig, dann überschüttet er sie mit Vorwürfen, und
schließlich will er dreinschlagen und sie töten. Warum ? Was ist hier
vorgegangen?
Um den Zusammenhang zu verstehen
müssen wir auf das Kapite! 5,4 ff zurückgreifen. Es gibt Krieg. Das einstige
Davidreich Israel ist seit 200 Jahren geteilt in ein Nordreich und in ein
Südreich. Diese Reichsteilung ist ein Unglück Keiner der beiden ist unschuldig.
Der Prophet Hosea ruft Israel, es
werde zur schauerlichen Wüste verkommen. Mit ihm werde auch Juda zu Boden stürzen.
Judas Führer handelt wie solche, die Grenzsteine versetzen. Auf beiden Seiten
verfällt die Gesellschaft. Der Grund ist: Es gibt keine Gotteserkenntnis mehr,
sie haben Gott vergessen. Sie suchen sich andere Helfer. Auf Gott setzt niemand
mehr. So überlässt er sie ihrem eigenen Handeln. Doch sie werden ihn wieder
suchen. Hier beginnt unser Bibelwort.
Wie zeigt sich ihre Umkehr? In
ihrem Bußgebet haben sie ihre Bitte sehr schnell selbst eine Antwort parat
(siehe Vers 2 folgende). Rechnen sie nicht zu selbstverständlich mit seiner
Hilfe ? Nehmen sie ihn überhaupt ernst? Eigentlich reden sie gar nicht mit ihm.
Sie wissen alles schon. Sie reden an ihm vorbei. Die Antwort Gottes fällt denn
auch ganz anders aus. Weiß er doch, dass ihr Umkehrvorsatz nicht viel wert ist.
Gott ist nicht zur Hilfe zu bewegen. Er spricht zorniges aus. Er will keine Äußerlichkeiten.
Statt dessen soll das Recht wieder aufleuchten. Er will Israels Liebe!
Das Wort „Liebe“ hat in unserer
Sprache eine große Bedeutungsbreite. Sie reicht von Sympathie bis Leidenschaft,
von Besitzstreben bis Selbstentäußerung. Das hebr. Wort häsäd wird als eine der
Eigenschaften Gottes bezeichnet. Gott ist barmherzig und gnädig, langmütig,
großer Gnade (Huld) und Treue (2. Mose 34,6). Huldvoll soll auch der Mensch
sein. Sie will dem anderen nichts Böses, sie will alles für ihn, was gut ist
für ihn. Das sollen wir erkennen und diese Erkenntnis im täglichen Leben
umsetzen. Es wäre damals nicht zum Krieg gekommen, wenn beide in echter
Mitmenschlichkeit, in verwandtschaftlich-loyalem Verhältnis zueinander
gehandelt hätten. Auf der Grundlage von Güte, Verständnis und Nächstenliebe
entsteht kein Krieg.
Ich denke an die 70 Jahre apostolischer
Kleinkrieg. Bei echter Mitmenschlichkeit wäre es nicht zum Krieg und zur
Trennung gekommen.
Heute ist die Mahnung an uns
gerichtet jeder einzelne ist gefordert: Verhalten wir uns ,,huldvoll",
liebevoll? Auch im Hinblick auf das zukünftige Bemühen um Zusammenarbeit wird
Gott auch uns fragen: Wann begreift ihr endlich?